2016-04-08

Aristotelesse: 1. Versuch ( 0381 )

Vom Tier zur Tierphilosophie

Es geht um die Schritte, die wer auch immer (vor den Scriptores, Editores ünd Übersetzern nachantiker Zeiten) getan hat, welche Stufen aufgestiegen wurden, bis wir das was wir an zoologischen Werken im corpus aristotelicum (insbes. inkl. PA und GA) haben haben.

Es geht mir nicht darum ob die hier aufgelisteten Aristotelesse (einen antik belegten Plural zu "Aristoteles" habe ich nicht gefunden, daher die deutsche Variante "Aristotelesse") eine oder mehrere Personen sind. Und auch nicht wie gleichzeitig.

Und: die Schritte sind logische Schritte, Arbeitsablaufsschritte. Die Ordnung der Vorläufertexte (falls es solche gab) zu dem was für uns z.B. HA II, PA I, GA IV ist: kann deutlich später geschehen sein, als der Start der telosinteressierten Interpretation wie wir sie in PA und GA finden.

  • Tier(e) beschaffen (sehen, suchen, züchten, fangen, kaufen, was auch immer) und ggf. beoachten
  • Tier sezieren
  • oft: Befund graphisch "in den Anatomien" festhalten
  • Befund in verbaler Beschreibung festhalten
  • Befundbeschreibungen  ordnen
  • Befundbeschreibungen mit Zwischentexten/Erläuterungen versehen. Frühestens hier ist das erreicht, auf das in PA und GA als "zoologische Bücher" (i.w.S. HA) verwiesen wird. Aber: Mich irritieren die Weisen der Verweisung: wie haben die damals mit welchem Aufwand was in HA wiedergefunden? Dies sind keine Verweise der Art "HA, Buch III, Kapitel 2", sonder rein generische Verweise. Gab es Indices, von denen wir keine Spur mehr haben???
  • Ergebnistexte zu Büchern (z.B. HA III) zusammenstellen. Nota bene: in vielen Pragmatien des corpus aristotelicum gibt es Text(-fragment)e, die cut&paste an mehr als einer Stelle auftauchen (auch in den zoologischen Schriften), von wenigen Zeilen Länge in De anima III bis zu ganzen Kapiteln in den Problemata. Was, wer auch immer diese Kompilationen durchgeführt hat, als Vorlage vorlag: ist mir rätselhaft.  Zudem gibt es darüber hinaus in mehreren Texten des des corpus aristotelicum gibt es Text(-fragment)e die keine ganzen Bücher sind, von denen moderne Editoren/Kommentatoren teils mit gutem Grund erwägen ob sie nicht an anderer Stelle angemessener stehen würden als sie in den uns überlieferten Handschriften stehen. Und wir haben Selbstwidersprüche.
  • Querverweise setzen (nach der Art von "und dann werden wir ..." etc.)
  • Bücher zu Pragmatien zusammenfassen.
  • (Diese ordnen und zum corpus aristotelicum zusammengefasst zu haben ist m.E. kein für Nutzbarkeit nötiger Schritt. Über die Entstehung des corpus aristotelicum hoffe ich auch künftig nicht schreiben zu müssen. Aber ich erwarte im Rahmen meines diessemestrigen Seminars dazu vortragen zu müssen.)
  • Querverweise setzen (nach der Art von "siehe HA", "siehe in den Anatomien"
  •  Philosophische (s.l.) Kommentierung , z.B. telos-orientiert wie in PA und GA. Dann wieder weiter bei "Ergebnistexte zu Büchern (z.B. HA III) zusammenstellen.".

Ggf. kommen noch weitere Schritte hinzu. Kullmann (pp. 78-112) folgend z.B. noch
  • Forschungsreisen planen
  • Forschungsreisen durchführen (Auf diese von Kullmann angenommenen Forschungsreisen gehe ich vielleicht noch ein, wenn es um die geographische Streuung/Verteilung der Habitate der Tiere zu denen die zoologischen Schriften des corpus aristotelicum berichten, geht.)

bzw. für embryologisches
  • Hühner befruchten lassen
  • Hühnereier bebrüten lassen
  • Eier in festgelegten Zeitabständen öffnen. 
  • Dann weiter oben weiter (entweder bei "Tiere sezieren", oder bei "Befund in verbaler Beschreibung festhalten"
Bzw., wenn es um Schriften und Ergebnisse von Vorgängern (Demokrit, Herodot, ...) geht:
  • Feststellen was relevante Texte sein könnten bzw. geht  
  • Texte besorgen
  • relvante Textstellen identifizieren und für weitere Verwendung zugänglich machen
  • dann weiter oben weiter bei "Befundbeschreibungen mit Zwischentexten/Erläuterungen versehen.", wobei dies in diesem Fall auch bereits Kritik enthalten kann.

Und vermutlich noch einiges weitere, was ich bislang übersehen habe.

All das, oder das allermeiste davon: das Werk eines einzigen Mannes, eines einzigen Aristoteles (der ja zudem noch nach eigner Aussage des corpus aristotelicum (Elenchi) die Logik  erfunden hat, und weitere naturkundliche/naturphilosophische Schriften verfasst, und zu Ethik, und politischer Philosophie, und manch andrem gearbeitet, und Verfassungen gesammelt hat, etc. etc. pp.)?  All das, oder das allermeiste davon: das Werk eines einzigen Mannes, eines einzigen Aristoteles? Oder mehrerer (wie vieler?) Aristotelesse?

Vielleicht lässt sich Aristoteles am besten als (sehr wirksames) Phantom, oder noch besser als Mirage von etwas vielfältigem und höchst bewundernswürdigem begreifen?
(Dass Averroes und alle andren die von einem einheitlichen Lehrgebäude, einem System, oder derlei des Aristoteles ausgegangen sind, hier mit "Nein" antworten würden: ist klar. Und ich bin froh, dass im Zentrum meines Projekts nicht Aristoteles/"Aristoteles" steht, sonder Tiergeschichtliches, an Beispielen, über die Jahrtausende.)







Wolfgang Kullmann: Aristoteles als Naturwissenschaftler, Boston/Berlin/München : De Gruyter 2014


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